BRÜCKEN – Advent 2022


„Wie nutzlos durch dieses Leben zu wandern,
wär’s nicht die Brücke zu einem andern.“ Friedrich v. Bodenstedt

24 Weihnachten

Das letzte Türchen, die letzte Brücke – mein Beitrag heute muss der schönste und beste von allen werden… – Dies war mein erster Gedanke.

Mein Gott, nein, so ein Beitrag würde diesem Tag überhaupt nicht gerecht! – Das war mein zweiter Gedanke.

Wir feiern nämlich das Weihnachtsfest. Der Name spricht schon davon: von Weihe, das heißt vom Segen, den wir immer irgendwie ersehnen, auch wenn es uns vielleicht gar nicht bewusst ist. Wir bedürfen der Gnade, dem Geschenk des Segens, weil wir nicht vollkommen sind. Wäre alles perfekt, dann bräuchten wir weder Segen noch Gnade.

Wäre schon damals alles perfekt gewesen, dann hätte das Kind nicht in der Fremde das Licht der Welt erblickt, sondern daheim, wohl behütet und gut versorgt.
Wäre damals schon alles perfekt gewesen, dann hätten eine Hebamme, Verwandte und Dorfbewohner die junge Familie unterstützt.
Wäre damals schon alles perfekt gewesen, dann hätte diesem besonderen Kind mindestens ein Palast gebührt.
Jesu Geburt war alles andere als perfekt, der Start ins Leben war mehr als holprig, die ersten Stunden ein reines Provisorium.

Warum machen wir uns dann diesen Druck, Weihnachten müsste perfekt sein?
Es ist gut und genau richtig, Weihnachten so zu feiern, wie es uns ein Anliegen ist. Wie es für uns und unsere Lieben stimmig ist, auch wenn manches holprig und provisorisch ist. Es ist gerade deshalb genau richtig. Und dann werden wir spüren, dass wir auch heute noch wie vor 2000 Jahren den Segen brauchen, die Gnade, dass alles gut gehen wird.

Der Bund zwischen Gott und den Menschen wurde im Alten Testament mit einem Regenbogen geschlossen, einem nicht fassbaren Etwas, das zwischen Himmel und Erde eine Brücke spannte.

Im Neuen Bund ist es die Liebe, eine unsichtbare Kraft, die erst durch uns fassbar wird. Holprig, provisorisch, aber aus ganzem Herzen. Wie Weihnachten.

Ich wünsche dir frohe, glückliche, gesegnete Weihnachten!

Ausschnitt aus unserer Hauskrippe / vom Krippenkünstler Norbert Roth

Bild ganz oben: Regenbogenbild von Layla K. im Kindergarten


23 Zeit und Ewigkeit

Tobias ist 17 Monate alt. Er kennt weder Zeit noch Ewigkeit. Noch nicht. Er kennt seine Eltern, seine Großeltern, und einige weitere Personen, kann schon ein paar Tiere, den Zug und den Traktor benennen („Hu“ und „Taata“), macht brrr, wenn er warm angezogen wird oder beim Fenster hinausschaut, und er weiß genau, was er will. Jetzt. Er kennt die Gegenwart.

Zeit ist sehr menschlich. Obwohl wir alle täglich gleich viel davon haben, ist das subjektive Empfinden äußerst unterschiedlich. Meistens haben wir zu wenig Zeit. Besser gesagt, wir passen nicht in den Zeitrahmen hinein. Wir stopfen zu vieles in diesen Rahmen.

Weihnachten naht, eine Liebesgeschichte Gottes mit den Menschen. Oder der Mächte, die über uns stehen, mit dem Menschen. Oder der Ewigkeit mit der Vergänglichkeit.
Liebesgeschichten haben das so an sich: Es sind die schönsten Augenblicke ganz im Jetzt, die man in der Verliebtheit und in einer großen Liebe erfährt. Nichts und niemand könnte die Gegenwart erschüttern. Nichts anderes zählt, nur das Jetzt und es fühlt sich an wie ein Stück Himmel.

Himmel? Verknüpfen wir Himmel nicht mit Ewigkeit?
Es muss demnach so sein, dass die gelebte Gegenwart sehr nah mit der Ewigkeit verwandt ist.

Schon im ältesten deutschsprachigen Liebesgedicht (fast 1000 Jahre alt) spricht der verliebte Dichter davon, dass die Liebe keine Zeit kennt, sie ist fest und sicher im Herzen, ein Schloss ohne Schlüssel, für immer.

Dû bist mîn, ich bin dîn, des solt dû gewis sin.
dû bist beslozzen in mînem herzen,
verlorn ist daz sluzzelîn:
dû muost ouch immér darinne sîn.

Heute erfüllen viele, viele Liebesschlösser auf Brücken überall auf der Welt diese Funktion.

Zeit und Ewigkeit!
Ich wünsche dir zweierlei: Lebe im Jetzt und teile deine Zeit mit Menschen, – das sind Brücken, die dich wohlbehalten durch die Zeiten tragen.

Bild: Liebesschlösser auf einer Brücke / Caorle


22 Tisch

Essen und trinken, miteinander reden, spielen, basteln, zeichnen, malen, lesen, schreiben, Hausübungen erledigen, bügeln, Kekse ausstechen, streiten, das Herz ausschütten, trösten, Urlaubspläne schmieden, miteinander anstoßen, plaudern, diskutieren, die Welt verändern…
… und immer wieder miteinander essen und trinken…

All das am Tisch. Eine Brücke für alle, die sich als Familienmitglieder, Freunde, Verwandte, geladene und überraschende Gäste dort niederlassen. Sicherlich das wesentlichste Möbelstück in einer Wohnung, in einem Haus!

Heute und morgen werden viele noch planen und einkaufen, was am Heiligen Abend und an den Feiertagen auf dem Tisch stehen wird. Geschmückt soll er sein, einladend und festlich. Und jedem soll es schmecken, damit alle lange und fröhlich dort das Miteinander genießen.  

Ich wünsche dir, dass es dir gelingen möge, die Vorbereitungen auf das Herzstück jeder Feier – gemeinsam um den Tisch versammelt zu sein – unkompliziert, stressfrei und mit viel Vorfreude auf deine Lieben zu gestalten!

Wie immer der Tisch im Alltag und an Feiertagen aussieht, – er ist ohne Zweifel eine sehr, sehr wertvolle zwischenmenschliche Brücke!   

Bild: Tortellini-Fest „Festa del Nodo d’Amore“ / Brücke von Valeggio über den Fluss Mincio


21 Beständigkeit

Eine wichtige, starke Brücke in jedem Leben!

Unser Leben ist im Fluss, wir durchwandern alle Lebensalter, nichts lässt sich aufhalten, ein beständiger Wandel begleitet uns. Die Vergangenheit wird ein immer dickeres Buch. Darin zu blättern hilft manchmal, die Gegenwart zu deuten und besser zu verstehen. Das, was uns in Beständigkeit umgibt, verleiht auf dieser Reise Halt und Sicherheit.

Wie die Gewissheit, dass ab heute mit der Wintersonnenwende der Tag wieder länger wird, tragen uns Traditionen und liebgewordenen Gewohnheiten und Rituale durch das Leben.
Sie werden nicht altmodisch, denn sie sind ein Teil von uns.
Sie werden nicht sinnlos, denn sie bedeuten Wärme und Geborgenheit.
In manchen Familien reichen Traditionen weit zurück und sind gültig wie eh und je: der Weihnachtsschmuck, die Keksrezepte, Lieder, der Tagesablauf am Heiligen Abend…

Wolfgang Ambros singt:
I will, dass echte Kerzen brennen, dass echte Lieder gsungen werdn,
wir Liebe geben, so viel ma können, und über Bethlehem an Stern.
I will mei Weihnachten wie immer, wie’s immer war – soll’s immer sein.
I will den Glanz, i will den Schimmer, i bleib daham und mach ma‘s fein.

Diese Beständigkeit ist die Wärme, die uns umhüllt.
Und die Zukunft steht über uns wie ein Stern.

Bild: St. Anna-Steg / Vils vor gut 100 Jahren


20 Musik

Musik ist eine weltumspannende menschliche Brücke. Überall auf der Welt wird gesungen und musiziert, im Rhythmus getanzt und allen menschlichen Regungen eine Stimme in Melodien und Harmonien verliehen.

Viele, viele Weihnachtslieder umspannen den Erdkreis. Ganz im Kleinen, jeder für sich kann mit Musik beheimatet und geborgen sein. Musik, zelebriert in Instrumentalwerken und im Chor, ist Gemeinschaftsgefühl pur und tut einfach unglaublich gut. Wer es erlebt, weiß wovon ich spreche. Man taucht ein in Musik und taucht verwandelt, bereichert, gelöst wieder auf. Musik verbindet die Puzzleteile, die wir im Laufe eines Tages mit allen Herausforderungen werden, wir werden wieder ganz.

Für jeden Geschmack, für jede persönliche Stimmung, für jede Gelegenheit gibt es die passende Musik!

Weltumspannend.
Wie „Stille Nacht“.
Wie „Happy Xmas (War is over)“ –
– ein Weihnachts-, Friedens- und Protestlied, ewig zeitlos und für alle Menschen:
für jene die uns nahestehen und die wir lieben („the near and the dear one“),
für Alte, Junge, Kranke und Gesunde, Reiche und Arme und Menschen jeder Hautfarbe…
Für alle gilt, mit Weihnachten darf Neues beginnen, die Hoffnung auf ein neues Jahr ohne Ängste, ohne Kämpfe und Kriege – „war is over, if you want it“… „another year over and a new one just begun“…

Musik von Menschen gemacht?
Manchmal möchte ich anderes glauben: Musik ist mehr.

Musik ist himmlisch.

Bild: Engelsbrücke / Rom


19 Glück

Die vierte Adventwoche beginnt.
Schau auf dich.
Ganz besonders auf dich.
Damit du gut in diese Woche startest.
Die Vorfreude soll im Vordergrund stehen.
Stress, Hast, dies noch und das noch schlucken die Vorfreude schneller als man denken kann.
Gönne dir, was dich entspannt, locker, glücklich macht.

Wenn du das Glück anziehst, dann werden die Deinen in seinem Schimmer auch etwas davon bekommen.

In diesem Sinne: Eine Brücke Glück!

Bild: Schweinebrücke in Wismar


18 Selbstvertrauen

Davon braucht man im Leben eine ordentliche Portion. Wer mit gesundem Selbstvertrauen ausgestattet ist, wird sich im Leben zurechtfinden, wird Herausforderungen annehmen und bewältigen und daran auch wachsen. Selbstvertrauen ist so wesentlich, dass es in die Körperhaltung eingegossen ist.

Wer zu wenig Selbstvertrauen hat, der ist unsicher, unschlüssig, hilflos, der packt nicht an, obwohl er eigentlich könnte und wird hinter seinen Möglichkeiten stecken bleiben. „Du sollst dein Licht nicht unter den Scheffel stellen!“, das steht schon in der Bibel (Matthäus 5:14) und ist eine direkte Aufforderung herauszutreten aus dem eigenen Schatten! Es ist mühselig, jemandem immer wieder den Weg zu ebnen und die Hindernisse zu entfernen, wenn dies gar nicht nötig wäre.

Ein Mensch mit gesundem Selbstvertrauen kommt andererseits auch nicht so leicht in Gefahr, sich und seine Fähigkeiten zu überschätzen oder gar sich selbst zu überhöhen. „Hochmut kommt vor dem Fall“, heißt ein bekannter Spruch, ebenfalls biblisch (Altes Testament, Buch der Sprüche Salomos, 16:18) – eine Warnung? Oder Erfahrung? Es klappt im Zusammenleben nun mal auf Dauer nicht, wenn jemand vorgaukelt mehr zu sein als andere, ja sogar mehr zu sein, als man in Wirklichkeit ist.

Mit sicheren Füßen im Leben zu stehen, Herausforderungen anzunehmen, das Miteinander gut auf die Reihe zu bringen, – das bedingt, die Lebenswaage immer wieder neu einzupendeln. Mir gefällt das Bild, dass sich mit einem ausgewogenen Selbstbewusstsein stabile Brücken bauen lassen.
Sie sind ein Bollwerk gegen Anfechtungen von außen. Und „drinnen“ sind sie einladend und wohnlich!

Bild: Nürnberg


17 Herzblut

Brücken zu anderen Menschen müssen nicht immer im direkten Kontakt – wie in der Liebe oder in der Freundschaft – spürbar sein.
Sehr wohl erreicht man Menschen auch mit dem Einsatz seiner Talente (Kunst und Kultur), seines Könnens (Nachbarschaftshilfe, Ehrenamt), seiner Großherzigkeit (Spenden, Hilfe und soziales Engagement) und der Aufmerksamkeit (Zuwendung, Zivilcourage) …

Viele Brücken!

„Im Dienst an einer Sache oder in der Liebe zu einer Person erfüllt der Mensch sich selbst.  Je mehr er aufgeht in seiner Aufgabe, je mehr er hingegeben ist an seinen Partner, umso mehr ist er Mensch, umso mehr wird er selbst“. Dieses Zitat von Viktor Frankl (1905 – 1997) begleitet mich schon sehr lange.

Ein Kind kann es noch, es vertieft sich ganz und gar in das, was es gerade beschäftigt, es ist eins mit der Sache, im Flow. Es macht Sachen nicht halbherzig, das wäre wie Brücken bauen und irgendwo mitten drin damit aufzuhören.
Was man macht, sollte man wohl „ganz“ machen…

Doch was braucht es, dass dies auch gelingt?

Ich suche nach einem passenden Wort, um dem Inhalt des Zitates ein bisschen näher zu kommen: Interesse, Kreativität, Anteilnahme, Durchhaltevermögen, Fantasie, Konsequenz, Tatkraft, Resilienz, Einsatzfreude, Mut, Ausdauer …
Das alles und vielleicht noch vieles mehr sollte darin enthalten sein.   

Jetzt hab ich das Wort: Herzblut!
Was für ein starkes Bild: Herzblut.
Mit Herzblut lieben, mit Herzblut unsere Sache machen (siehe Zitat).
Das wünsche ich uns allen. 

Bild: Brücke am Alatsee / Vils


16 Empathie

Kürzlich hat der Geschäftsführer eines Konzerns für Luxusartikel die Erfolgsgeschichte der Firma mit 5 „Säulen“ interpretiert: Tradition, Kreativität, handwerkliches Können, Qualität und ein gewisses Maß an „Seltenheit“.

Da ich zurzeit ziemlich intensiv in „Brücken der Gesellschaft“ denke, begann es sogleich in meinem Kopf zu rattern. Diese 5 Säulen lassen sich so gut wie 1:1 auf ein gedeihliches Miteinander übertragen, – vielleicht etwas anders im Wortlaut.

Hier meine Interpretation der Erfolgsgeschichte für ein gedeihliches Miteinander:

  • gemeinsame Geschichte berücksichtigen, d. h. man kennt sich und die Eigenheiten des anderen recht gut (= Tradition)
  • der Beziehung und Freundschaft mit neuen Impulsen und Ideen immer wieder Aufwind verleihen (= Kreativität)
  • die gemeinsamen Interessen, ja überhaupt die Gemeinsamkeiten pflegen und sich auf neue Gegebenheiten einstellen (=handwerkliches Können)
  • achtsam miteinander umgehen, sich unterstützen und Kränkungen absolut vermeiden (= Qualität)
  • den Wert der Beziehung und Freundschaft mit einem Alleinstellungsmerkmal schätzen (= Seltenheit)

Meine Lebensliebe und ich, wir fassen diese Litanei an erfolgversprechenden Säulen in einem Wort zusammen: Empathie-Gen.

Ich wünsche dir, dass du immer wieder mit Menschen mit Empathie-Gen zu tun hast und ihr euch gegenseitig wert seid, eine gute Beziehung und Freundschaft zu pflegen.
Sind das nicht die stabilsten Brücken im Leben?

Bild: Brücke vor Maria Klobenstein / Kössen


15 Kommunikation

Alles ist Kommunikation: Blicke sind es, jede Geste, und natürlich jedes Wort (mit dem gewissen Ton, der dem Gesagten oft erst die Bedeutung verleiht), aber auch das geschriebene Wort. Dazu heute ein bisschen Kommunikation😉 in diesem Blog.

Mich freute schon immer die Kommunikation in schriftlicher Form, die Menschen verbindet. Ein Leben lang war ich Briefeschreiberin.
Da man mit der Zeit geht und im selben Zug selbst – gefühlt – immer weniger Zeit hat, bieten sich die modernen Medien an, mit lieben Menschen in Kontakt zu sein und zu bleiben. Knackig, kurz sind die Botschaften, gespickt mit Bildchen, um das „Gesagte“ zu unterstreichen, – man hatte Kontakt und das ist besser als nichts.

Da man angeblich nicht mehr als eine Handvoll Menschen wirklich als Freunde bezeichnen kann, ist zumindest geklärt, dass der intensivere Kontakt sich auf die Familie und eben eine Handvoll lieber Menschen beschränkt. Doch wenn ein besonderes Ereignis eintritt, darf es die ganze Welt wissen! Ein Kind ist geboren! Wir werden heiraten! Ein runder Geburtstag! Jubiläumskonzert! …

Heute ist ein Adventkonzert. Eine besinnliche, wunderbare Atmosphäre ist garantiert, auf die sich viele schon freuen, – wenn sie davon erfahren. Mit dem Mittel der digitalen Kommunikation – schneller als ein Lauffeuer, schneller als ein Gerücht… wissen viele, viele mit einigen Klicks davon. Ist das nicht positiv? (Viele Säulen, auf denen eine Nachricht steht – darum heute dieses Bild!)
Jede kleine Textnachricht ist eine Brücke zu Menschen, die nun die Chance haben zu entscheiden: Ich bleibe am Sofa! Oder: Da gehe ich hin!

Ich wünsche dir in diesen Adventtagen viele schöne und beschauliche Augenblicke und Erlebnisse mit Menschen, die sich wie du auf Adventstimmung freuen.
Ich wünsche dir auch, dass du die kleinen Textnachrichten gerade in diesen Tagen nützen magst, um lieben Menschen mitzuteilen, dass du an sie denkst!  

Bild: Zingst an der Ostsee / Seebrücke Zingst mit Tauchgondel


14 Federleicht

Ich habe gestern beschlossen, ich möchte mich federleicht fühlen im Gemüt und mich an dieser glitzernden Pracht im Freien erfreuen. Es ist mir gelungen!

Es knirschte unter meinen Schritten, der Himmel strahlte blau, hauchfeine Schleierwolken schwebten über den Bergen, die Enten genossen das Bad im Fluss, Sträucher waren in ein zartes Spitzenkleid gehüllt, duftig zarte Eiskristalle rieselten herab, als hätten sie sich von der Sonne geküsst auf den Weg gemacht. Auf dem Teich, inzwischen zugefroren, bildeten Eiskristalle eine Brücke von einem Ufer zum anderen. Ein Sonnenstrahl setzte der Brücke ein Krönchen auf…

Tief einatmen und mich einfach freuen!

Nach diesem Winterspaziergang fühlte ich mich pudelwohl.
Federleicht war mein Stichwort…

Dass ich „Federn“ auch zu meinen Füßen finde, damit habe ich nicht gerechnet. Eiskristalle über Nacht auf dem Weg gewachsen – und ich fotografierte das Spitzenkleid der Sträucher mit Blick nach oben, ich fotografierte Eiskristall-Federn mit Blick nach unten …

Nicht nur oben, manchmal findet man auch unten wunderbare federleichte Schätze.

Egal, wie du dich gerade fühlst, „oben“ oder „unten“, – ich wünsche dir, dass du für deine Lieben ein federleichter, wunderbarer Schatz mit Krönchen bist!

Bilder: An der Vils und am Gartenteich

13 Fantasie

Heute ist es so klirrend kalt, dass einem fast die Fantasie einfrieren könnte. Aber unglaublich schön ist es! Die Natur ist verwandelt und zeigt sich still und glänzend als wahres Winter-Wonderland! Braucht es da noch Fantasie, wenn man einfach die Schönheit genießen kann?

Fantasie ist für mich ein positiv besetztes Wort: Vorstellungskraft, die beflügelt, wer auch immer damit in Berührung kommt.
Mich verfolgt die Fantasie zurzeit leider auch negativ: Diese Kälte und dann kein Licht, kein Strom, keine Heizung … es muss entsetzlich sein. Schier zum Verzweifeln für Hunderttausende Menschen, Junge, Alte, Kinder, Babys…
Was man mit dem vielen Geld, das für die Zerstörung ausgegeben wird, alles machen könnte! Da kriecht dann die Fantasie in mir hoch, die Frauen beim Einkaufen sieht, – und alles ist erhältlich, was man braucht; Alte, die in einem warmen Cafe sitzen und Karten spielen; Kinder, die nach der Schule mit ihren Schlitten jeden kleinen Schneehügel nützen; geschmückte Häuser und Kirchen, – es ist ja bald Weihnachten!
Dazu braucht es Fantasie? Das ist ja alles ganz normal!
Ja, bei uns ist es normal. Ich wünschte, es wäre überall so.

Aber erst wenn das alles ganz normal ist, dann kann die Vorstellungskraft genützt werden, um in diesen Adventtagen neue, fantasievolle „Brücken“ zueinander zu bauen:

Man könnte Dinge tun, die aus dem gewohnten Alltag herauspurzeln und Partner und Familie überraschen, man könnte manches liegen lassen, um gemeinsamer Zeit den Vorzug zu geben, man könnte sich auf neue Rituale einlassen, um miteinander Advent und Weihnachten zu beleben und neu zu erfahren …, – ja, was man mit Fantasie alles könnte!

Ich wünsche dir, dass es dir gelingt, positive Energie in fantasievolle „Brücken“ zu verwandeln! Trotz allem …

Die beiden Mädchen auf dem Bild nützen eine Brücke, – mit viel Fantasie! Wer hat schon eine Schaukel unter einer Brücke, über dem Wasser und in Gesellschaft einer sonnenbadenden Flussnixe?  

Bild: Brücke über die Vilna, die in die Künstler-„Republik“ Užupis führt


12 Aufmüpfigkeit

„Humor, Zärtlichkeit und Aufmüpfigkeit sind die besten Mittel gegen das Altern.“ Yves Montand

Sehr geehrter Herr Montand,
es ist bestimmt nicht üblich, hochdekorierten Künstlern zu widersprechen. Doch da Ihnen die Aufmüpfigkeit anscheinend gut gefällt, nütze ich sie gleich. Ich schreibe Ihr schönes Zitat heute nämlich einfach um: „Humor, Zärtlichkeit und Aufmüpfigkeit sind die besten Mittel FÜR DAS LEBEN.“ Wie gefällt Ihnen das?

Wissen Sie, manchen Zeitgenossen möchte ich sogar empfehlen, die Aufmüpfigkeit an erster Stelle zu nennen. Damit es ihnen gut geht, Dampf abgelassen und die Weltordnung wieder hergestellt ist, ein „Nein“ so verpackt ist, dass es das Gegenüber annehmen kann und dieser nicht das Gesicht verliert. Das scheint heutzutage ja besonders wichtig zu sein. Aufmüpfigkeit ist immer noch eine Brücke, die Abgründe überwindet. Und keine Gräben aufreißt oder Mauern hochzieht. Eine kleine Brücke, die ans Ziel führt. Wichtig fürs Leben. Was halten Sie davon?

Yves Montand, war Chanconnier und Schauspieler von Weltrang (1922-1991). Als Ivo Livi in der Toskana geboren, kam er schon als Kind nach Marseille, schlug sich dort ab 11 Jahren (hat sich als 14-Jähriger ausgegeben) mit allen möglichen Jobs von Friseurgehilfe über Arbeiter in der Nudelfabrik bis zum Hafenarbeiter und Sänger und Alleinunterhalter durch. Mit Sicherheit hat er gesehen und erlebt, was wir uns gar nicht ausdenken können. Und trotzdem schrieb er nicht: Erfolg, Gerechtigkeit und Durchsetzungsvermögen sind die besten Mittel gegen das Altern.    

Wie wird dein Montag in der neuen Adventwoche? Turbulent, stressig, hektisch, voller lästiger Pflichten?

Dann inhaliere: „Humor, Zärtlichkeit und Aufmüpfigkeit sind die besten Mittel FÜR DAS LEBEN!“ und baue lauter kleine unscheinbare Brücken!

Bild: Von einer Talseite zur anderen nach Vent


11 Sehnsucht

„Gaudete – freuet euch! Weihnachten werde für uns alle ein Tag der Freude und der Zuversicht!“ So wird die Feier des 3. Adventsonntags betitelt. Dieser Adventsonntag markiert ungefähr die Halbzeit im Advent.

Wenn man auf etwas Bestimmtes sehr hinwartet, dann macht sich eine freudige Sehnsucht breit. Man weiß ja, das Ziel rückt näher und hofft, dass diese Sehnsucht dann auch gestillt werden kann.

Ja, wenn wir uns darauf einlassen.

Wenn wir uns darauf einlassen, – das muss ich nun schon doch schreiben. Denn die Sehnsucht ist innerlich, das Gefühl kennen wir alle, und wir erinnern uns bestimmt an unsere Kindheit, da war die Sehnsucht und Vorfreude auf Weihnachten riesig!  
Genauso innerlich ist die Erfüllung.
Wir können diese Sehnsuchtszeit wunderbar gestalten, uns täglich mehr freuen und uns mit allen Sinnen darauf einlassen: mit dem Duft von Keksen, dem Kerzenlicht, den Vorbereitungen für die Weihnachtskrippe, mit der unermesslich großen Bandbreite an Advent- und Weihnachtsmusik … Advent ist für viele wie eine geheimnisvolle, lange Brücke namens „Auf dem Weg nach Weihnachten“ (so lautet der Titel eines Liedes von Kurt Mikula).

Aber passieren muss die Erfüllung für jeden letztlich schon doch innen.
Was soll denn erfüllt werden? Bleibt alles beim Alten? Welchen Neubeginn wollen wir mit der Geburt dieses göttlichen Kindes für uns feiern? Jetzt ist die richtige Zeit, dem nachzuspüren.
Und wenn es nur ein Gefühl ist, ein gutes, freudiges, friedliches, – dann sind wir bestimmt auf dem richtigen Weg.

Bild: Im Piller Moor


10 Verbindlichkeit

Daheim:
das Duschbecken austrocknen
Salatölflasche zudrehen, nicht bloß zustöpseln
die Zahnpastatube je nach Verbrauch aufrollen
die schmutzigen Schuhe vor der Türe ausziehen
mit dem Wasserglas nicht quer durch die Küche tropfen
Schmutzwäsche im Korb bei der Waschmaschine ablegen
und, und, und …

Auf der Arbeit:
die Türen sanft ins Schloss gleiten lassen
Termine einhalten und pünktlich erscheinen
Brösel und angekleckerte Kaffeetassen selbst aufräumen
Arbeitsutensilien dort wieder ablegen, wo sie vorher waren
die Kollegen nicht mit ständigem Räuspern und Hüsteln nerven
und, und, und …

… und ich drehe in Zukunft die Socken nach rechts, wenn ich sie beim Ausziehen wieder einmal umgestülpt habe 😉 …

Obwohl eine Verbindlichkeit an eine selbst verordnete Pflicht bindet, verschafft sie durch die Routine Freiheit und gibt Konfliktpotential keine Chance.
Das bringt ungeahnt viel Freiheit für Fantasie, Blödeln, Verrücktheiten … 
Verbindlichkeiten verbinden und entlasten zugleich. Das tut gut!

Darum sind Verbindlichkeiten Brücken zu jenen Menschen, mit denen ich lebe.
Im besten Fall gibt es gleich die zweite Brücke dazu, für jene, die mit mir leben.

Ich wünsche dir in diesen Tagen, dass die Verbindlichkeiten besonders gut funktionieren, damit den verbleibenden Adventtagen nichts im Wege steht!

Bild: Im Park von Schloss Ludwigslust


9 Zufriedenheit

„Ich finde, das Etikett etwas Besonderes zu sein, wird ziemlich überschätzt. Es ist schon viel, ein guter Mensch zu sein…“, – ein Zitat aus dem berührenden Film „Last Christmas“.

Was wäre, wenn jeder sein Besonders-sein zelebrieren würde?
Die ganze Welt wäre eine Bühne! Nicht auszumalen! Es genügt schon, dass einige Wenige nach außen tragen, wie besonders sie sind. Das sind die Paradiesvögel, die Gockel, die Platzhirsche der Gesellschaft.

Wir sind sowieso alle einzigartig, – wer wüsste das nicht? Darum können wir mit unserem einzigartigen, normalen Leben recht zufrieden sein. Und einfach tun, was uns liegt, was wir können, wozu uns unsere innere Stimme ruft. Das genügt.

Wenn uns deswegen mehr an Aufmerksamkeit „passiert“, dann soll uns das freuen. Ganz ohne Eitelkeit. Dafür mit sehr viel Zufriedenheit. 

Bild: Auf dem Weg zum Gantkofel in Südtirol


8 Bewahren

Mariä Empfängnis – ein Feiertag, der die Familiengeschichte Jesu beleuchtet. Denn dieser Tag ist dem glücklichen Umstand zu verdanken, dass sich Anna und Joachim trotz allem nacheinander sehnten und versöhnten und sich sogar öffentlich unter dem Goldenen Tor Jerusalems erleichtert in die Arme fielen. Zu jener Zeit und in der dortigen Kultur äußerst ungewöhnlich. Da muss schon einiges mitgewirkt haben! Zum Beispiel ein Lufthauch, ein zarter Wind, der Flügelschlag eines Engels? Wie sonst ist es möglich, dass die beiden nach monatelanger „Ehepause“ sich zur selben Zeit aufmachen und mit bangem Hoffen zum Goldenen Tor kommen, wo es doch noch etliche weitere Tore gegeben hätte! Anna kommt aus der Abgeschiedenheit ihrer Kammer, Joachim mit seiner Ziegenherde aus der Abgeschiedenheit der Wüste. Fast hätten sie sich verloren, aus Kummer, da ihnen ein Kinderglück versagt geblieben ist, – eine Schande damals, denn sie leisteten keinen Beitrag für das Fortbestehen der Gesellschaft und wären im Alter dieser außerdem zur Last gefallen. Anna wird schwanger, jetzt endlich! Am 8. September wird in der Folge das Fest Mariä Geburt gefeiert.

Was hat dieses Fest heute mit uns zu tun?

Im Herzen bewahren auch wir Gefühle, Sehnsüchte, Gewissheiten und Hoffnungen. Manche Begebenheiten und Nicht-Begebenheiten bringen „Durststrecken“ in Beziehungen jeglicher Art, manche erfordern eine Entscheidung. Die meisten davon müssen nicht schnell und schon gar nicht sofort entschieden werden. Bewahren wir, was uns bis hierher getragen hat und geben wir uns die nötige Zeit …
(Dies gilt, solange wir weder physischer noch psychischer Gewalt ausgesetzt sind, was traurig genug ist in einer Lebens- und Liebesbeziehung).

Mariä Empfängnis könnte auch den Untertitel haben: „Treff ma uns in der Mitt’n“.

In der schnellen Zeit voller schneller Bilder in den Medien klingt „Bewahren“ schon reichlich altmodisch. Ich möchte behaupten, „Bewahren“ ist immer noch ein Goldenes Tor oder eine Brücke, die zueinander führt!

Bild: Im Park von Schloss Ludwigslust


7 Wunder

Was ist ein Wunder?

… dass ich in diesem Land geboren bin

… dass ich dich kennen gelernt habe

… dass ich meistens gut drauf und pumperlgesund bin

… dass ich immer noch babynaiv das Beste in den Menschen sehen will

… dass ich mich an ganz unscheinbaren Augenblicken riesig freuen kann

… und dass ich die Reihe unendlich fortsetzen könnte …

Kein Wunder, dass ich wunderbare Geschichten liebe!

„Das Weihnachtsschaf – 24 wunderbare Geschichten“ (von Susanne Niemeyer) liegt zurzeit an meinem Lieblingsleseplatz – für mich ohne Zweifel ein doppeldeutiger Titel: In jeder Geschichte passiert etwas „Wunder-bares“, also etwas, worüber man sich wundern kann, etwas Geheimnisvolles, etwas Unerklärliches, – ein Wunder.
Und außerdem ist jede Geschichte einfach wunderbar zu lesen!

Ich wünsche dir wunderbare Stunden in diesen Adventtagen!
Natürlich auch doppeldeutig:
Hab es schön!
Lass dich überraschen und wundere dich, was sich alles um dich, für dich, mit dir tut!

Bild: Genueser Brücke über den Fluss Asco auf Korsika, ca. 500 Jahre alt


6 Teilhabe

Ein sperriges Wort. Teil – habe. Am Nikolaustag geht es jedoch genau darum.
Viele Legenden erzählen von Nikolaus von Myra (um 300 n.Chr.), der von außergewöhnlicher Strahlkraft gewesen sein muss, – viele Geschichten sind um ihn entstanden, die eine „alltägliche Großzügigkeit“ bei weitem übersteigen.  

Immer geht es in diesen oft recht krassen Geschichten um Gerechtigkeit. Nikolaus sorgt dafür, dass jeder zur Teilhabe am Leben kommt, wie es ihm gebührt. Niemand hat das Recht, andere verhungern zu lassen, während man selbst im Überfluss schwelgt, niemand hat das Recht anderen etwas zu nehmen oder vorzuenthalten. Niemand hat das Recht, Mädchen in die Prostitution zu zwingen. Niemand hat das Recht, jemandem gar das Leben zu nehmen. Nicht einmal ein Sturm hat das Recht, Leben zu gefährden.
Nikolaus bringt in den Legenden die Dinge wieder in Ordnung.
Darum darf bei uns auch ruhig der Krampus, das personifizierte Unheil, bei Nikolausumzügen oder Nikolausbesuchen mitgehen. Der fromme Mann sorgt dafür, dass das Gute die Oberhand behält, – für alle jedoch zur Erinnerung gibt es kräftiges Kettengerassel: Das Böse schläft nicht.

Die alte Geschichte des Nikolaus von Myra ist eigentlich eine Botschaft: Jetzt sind WIR zuständig für die Teilhabe.
Was in diesem seltsamen Wort alles an Inhalt steckt, das bleibt uns überlassen. Die Uroma am Gedeihen des Urenkelkindes teilhaben zu lassen zählt bestimmt genauso dazu wie der Bekannten mit großen Sorgen zuzuhören, aber auch mit Lob und Anerkennung und den Zeichen der Zuneigung großzügig zu sein, bis zur Hilfe, die man leisten kann, wenn Menschen vor Stürmen des Lebens wie Krieg, Hunger … flüchten müssen.

Wie gesagt: Teilhabe ist ein sperriges Wort. Dafür hat umso mehr Platz darin.

Bild: Speyer mit Nikolaus auf der Brücke


5 Zuwendung

Meine Nachbarin ist übersiedelt. Das kleine Häuschen dort drüben in Rufweite steht jetzt leer. Noch kommen die Vögel. Wie lange wohl? Sie hat die gefiederten Gäste verwöhnt. Wir haben uns über die Wiese zwischen unseren Grundstücken zugewinkt und hie und da habe ich die 86 Jahre alte Dame besucht. Jetzt ist sie nicht mehr da.

Wir alle sind im Meer von „Heute“ lauter Inseln. Für das gemeinschaftliche Leben benötigen wir jedoch Brücken: Interesse aneinander, Gesprächsbereitschaft, aufeinander eingehen, einander anerkennen, Freude und Spaß miteinander teilen, Sorgen und Kummer aushalten… Diese Brücken müssen wir selbst bauen, pflegen und natürlich nützen. Das tägliche Leben mit Familie, Bekannten, Freunden, Arbeitskollegen kommt dann in der Regel einem „Insel-Hoppen“ gleich.
Du kennst diese „Hop on hop off“-Busse? Damit lassen sich ganz nach eigenem Ermessen, Interesse und Bedürfnis Sehenswürdigkeiten in Großstädten besichtigen. Mit unseren Beziehungen verfahren wir ganz ähnlich. Beziehungen als Einbahnstraße wären allerdings bald abgehakt und manchmal vielleicht der direkte Weg in die Einsamkeit. Wie gut, dass Brücken von zwei Seiten zu begehen sind! Ich gehe auf dich zu – du gehst auf mich zu … Und ein Telefon gibt es auch!

Ich wünsche jedem so viel Insel-Hoppen, dass man gesund an Leib und Seele bleibt! Ja, ich wünsche dir gerade jetzt ausreichend Inselhopper-Lust, die im vorweihnachtlichen Alltagsgewusel fast vergessen werden könnte…

Meine Nachbarin werde ich im Frühling in Vorarlberg besuchen. Ich glaube, sie freut sich.

Bild: Blick auf Burg Trakai – Wasserburg in Litauen


4 Mut

Eine Zumutung ist das! Das kann man immer öfter hören im Zusammenhang mit Preisspirale, Energiekrise, Folgen der Pandemie, Klimawandel… von den persönlichen Zumutungen reden wir noch gar nicht… Ja, da kommt einiges auf uns zu.

War das nicht immer schon so? Die Zumutungen hießen anders: Pest, Krieg, Kindbettfieber, Kartoffelfäule… es gab immer Zumutungen und immer war es wichtig, nicht zu verzagen. Nie endgültig zu verzagen.

Heute ist Barbaratag. Barbara von Nikomedien (273–306 n.Chr.) ist ein Sinnbild des Mutes, sie blieb ihrer christlichen Überzeugung treu und riskierte damit ihr Todesurteil. Dass die Geschichte wirklich so ausgeht (immerhin war ihr eigener Vater der Richter), konnte sie nicht wissen. Sie hätte mit ihrem Mut und Glauben wahrscheinlich trotzdem so entschieden. Noch heute spricht man davon …

Wir müssen uns den Zumutungen unserer Zeit stellen.
Trauen wir uns zu, etwas zu verändern. Trauen wir uns zu, dass wir etwas schaffen. Vertrauen wir in die Zukunft. Manchmal vielleicht kleinmütig, manchmal mutig, – aber bitte nie mutlos sein oder gar hochmütig, was bestimmt nicht weiterhilft. Das Leben ist nun mal ein Risiko.

Fassen wir uns ein Herz: Betreten wir auch schmale, ungesicherte Brücken!


3 Freude

Erfolgreiche Sportmannschaften sagen von sich: „Wir sind eine große Familie“, um auszudrücken, „wir gehören zusammen, wir schauen aufeinander, wir halten zusammen!“
Familie kann leider nicht immer leisten, was sich diese Sportler versprechen. Nichts desto weniger ist die Sehnsucht nach der heilen Familie sehr tief in den meisten von uns drin. Und welch ein Segen, wenn es wirklich klappt!

Meine Schwester ist am 1. Dezember zum ersten Mal Oma geworden. Diese große Freude! Freude von allen Seiten! Ich habe jetzt also einen kleinen Großneffen. Ein neues Familienmitglied in den verwirrenden Weiten der Verwandtschaftsgrade. Meine Zwillingsnichten freuen sich über einen Cousin 2. Grades und mein Enkelkind lernt bald einen Großcousin 1. Grades kennen.

Rätselfrage: Was ist dann meine Mutter für das Neugeborene?

Wer kennt sich da noch aus? Ach, das ist gar nicht so wichtig. Wirklich wichtig ist die große Freude aller über den jüngsten Erdenbürger in dieser Familie! Die Familie und viele, die ihm nahestehen werden wie eine Familie, werden ihm Brücken ins Leben bauen!

Schon in der Bibel gibt es so etwas wie einen Stammbaum: Beim Evangelisten Lukas (Lk 3,23-38) reicht Jesu Stammbaum zurück bis Adam, Lukas beschreibt also einen universellen Stammbaum, – wie schön! Das heißt doch, wir sind alle miteinander verwandt! Denn die Spuren aller Menschen führen zurück zu einer Urmutter (laut Wissenschaft) oder biblisch gesehen zu Adam und Eva.

Also: Schauen wir aufeinander in dieser großen Menschenfamilie, bauen wir Brücken der Verständigung, halten wir zusammen, freuen wir uns über jedes neugeborene Kind!  

Lösung des Rätsels: Meine Mutter ist die Urgroßmutter des Neugeborenen
Bild: Highline 179 / Reutte


2 Danken

Plinius der Ältere (23 bis 79 n.Chr.) war ein römischer Gelehrter. Er gilt als der Schöpfer des bildhaften Ausdrucks „Eselsbrücke“. Wie kam Plinius auf den Begriff Eselsbrücke? Seine Erklärung: „Kein Esel geht freiwillig über eine Brücke, wenn er durch die Holzbalken das Wasser sehen kann. Man muss ihm eine spezielle Brücke mit einem geschlossenen Bodenbelag bauen. In diesem Sinne benötigen auch wir oft eine Eselsbrücke.“ Um eine Aufgabe rechtzeitig zu erledigen, um etwas Wichtiges nicht zu vergessen, um uns zu erinnern, wie gut es uns doch geht…

„7-5-3, Rom schlüpft aus dem Ei.“ Schön und gut, das ist eine Eselsbrücke, – Plinius würde schmunzeln. Wirklich nützliche Lebens-Eselsbrücken gibt es aber auch. Eine Geschichte erfinden für einen Zahlencode macht zum Beispiel Sinn. Die „Dankbohnen“ in der Hosentasche stiften sogar Sinn!

Es war einmal ein Bauer, der steckte jeden Morgen eine Handvoll Bohnen in seine linke Hosentasche. Immer, wenn er während des Tages etwas Schönes erlebte, wenn ihm etwas Freude bereitete, er einen Glücksmoment empfunden hatte – etwas, wofür er dankbar war –, nahm er eine Bohne aus der linken Hosentasche und gab sie in die rechte.
Am Anfang kam das nicht häufig vor. Aber von Tag zu Tag wurden es mehr Bohnen, die von der linken in die rechte Hosentasche wanderten. Der Duft der frischen Morgenluft, der Gesang der Amsel auf dem Dachfirst, das Lachen seiner Kinder, das nette Gespräch mit einem Nachbarn – immer dann kam eine Bohne von der linken auf die rechte Seite.
Bevor er am Abend zu Bett ging, betrachtete er die Bohnen in seiner rechten Hosentasche. Bei jeder Bohne konnte er sich an ein schönes Erlebnis erinnern. Dann schlief er zufrieden und glücklich ein – auch an den Tagen, an denen er nur eine einzige Bohne in seiner rechten Hosentasche fand.

So viele Gründe, um in Gedanken DANKE zu sagen … ganz besonders in dieser Zeit! Das ist eine Eselsbrücke wert! Dir fällt bestimmt etwas Originelles ein!

Bild: Rund um den Annapurna / Nepal


1 Ankunft Zukunft

Ich beginne meine „Brückentage“ mit einem Blick auf das „selbstverständliche“ Wort Advent: Ankunft. Ganz so „selbst verständlich“ ist es gar nicht. Nicht ich komme an, irgendwann, irgendwo, – es geht um eine Ankunft, die außerhalb meines Einflussbereiches steht, um das, was ankommen wird und was ich erwarten darf. Was wir vom Leben erwarten dürfen. Und darum zählen die Hoffnung, das Vertrauen, die Überraschung, das Offensein für Neues zu den wesentlichen Zutaten von Advent.

All das erlebt die Welt in der Ankunft eines Neugeborenen. In jedem Kind steckt ein Ankömmling mit Energie, Einfällen und Gestaltungswillen. Alles ändert sich. Plötzlich ist da eine Zukunft, die über mich hinausreicht und die nicht mir gehört, von der ich nichts weiß, an die ich jedoch glauben will.

Ich brauche einen guten Glauben an die Zukunft. Daran denke ich, wann immer ich die Nachrichten höre. Vielleicht geht es dir auch so?

All die Kinder auf der Brücke über einer Schlucht, die gar nicht auf die Idee kämen zu zweifeln, dass sie nicht tragen könnte … so viel geballte Zukunft auf dem schmalen Steg!

Bild: Stuibenfälle / Breitenwang


BRÜCKEN

Damit werde ich heuer meinen Adventkalender gestalten. Warum ich dieses Thema gewählt habe? Ein Leben ohne „Brücken“ wäre gar nicht denkbar. Und zur Zeit dürfte nichts nötiger sein als Brücken zu bauen, international, global…

Doch Brücken sind in unserem „kleinen“ Leben genauso wichtig. So sehe ich das jedenfalls für mich.
Ich bin nämlich sowas wie eine Insel. Manchmal ziemlich klein, manchmal recht groß. Meistens sehe ich ein anderes Ufer, mal näher, mal ferner. Doch manchmal will ich gar kein Ufer sehen. Dann bin ich ganz für mich und das ist gut so. Da ist ein Inseldasein gerade recht. Meistens ist es jedoch ganz anders, das Leben drängt und ruft von anderen Ufern und es zieht mich hinaus. Wenn ich einen Fuß auf einer der „Brücken“ habe, dann beginnt etwas Neues. Das ist Veränderung, das ist Leben.

Eine Brücke bringt so manche Überraschung, sie hat nämlich zwei Brückenköpfe. Das ist wunderbar. Manchmal gelangt etwas zu mir, das es auf meiner Insel nicht gibt. Oft kommt mir jemand entgegen. Häufig werde ich abgeholt und ich freue mich, – auch andere sind Gestalter im Inselmeer.  

Eine Brücke ist ein schönes, vieldeutiges Symbol.
Wie Brücken aussehen?
Gespräche können Brücken sein. Ein Zusammengehörigkeitsgefühl, Musik, die Herzenswärme für ein Kind, eine Naturerfahrung, Erinnerungen, Freundschaft, der Schlaf, das Empathie-Gen, Block und Bleistift, eine spontane Idee, Humor, eine Aufgabe, Stille, eine besondere Person, ein Text oder Gedicht, ein Risiko, ein religiöses oder spirituelles Gefühl … und die Liebe.

Mit Brücken werde ich heuer meinen Adventkalender bauen, – ich freue mich schon darauf!